Entspannt? War die Arbeit in den Kohleminen anno 1730 eher nicht. Erst recht nicht, wenn der Kanarienvogel zu singen aufhörte.
Warum dich die Zwitscher-Taktik von einst heute entspannt selbstständig arbeiten lässt? Liest du gleich. Inklusive Anleitung, wie du dein eigenes Frühwarnsystem als Solo-Selbstständige*r installierst – für deinen selbstbestimmten Arbeitsalltag, ohne von der Stange zu fallen.
Wie kommt der Kanarienvogelin die Kohlemine?Und von dort zu dir und deinen Kund*innen?
18. Jahrhundert, unter Tage. Enge Stollen, harte Arbeit, Frischluft ist das wertvollste Gut dort unten in den Kohleminen. Zwitschert da was? Da zwitschert doch was! Tut’s, und das ist gut so: Ab etwa 1730 wurden Kanarienvögel in Kohleminen mitgenommen. Die kleinen Zwitscherkumpel waren nicht etwa lustiger Zeitvertreib für die Bergleute, sondern lebendes Alarmsystem. Denn Kanarienvögel reagieren extrem empfindlich auf Veränderungen der Luft. So lange sie zwitscherten, war also alles in Ordnung. Stieg die Konzentration von giftigen, oft geruchlosen Gasen an, stellten sie ihren Gesang ein, taumelten oder fielen – nach gerade mal zweieinhalb Minuten bei einer Konzentration von 0,29 % Kohlenmonoxid in der Luft – gar von der Stange.
Totenstille, wörtlich gemeint: Jetzt galt es, flott das Weite (bzw. Hohe) zu suchen: einen sogenannten Frischwetterbereich mit mehr Sauerstoff. Und weil die Vögel so viel sensibler reagieren als Menschen, blieb dafür noch genug Zeit. Später übernahmen Detektoren und Monitore den Job der sangesfreudigen Vögel, auch wenn manche den Tieren mehr trau(t)en als der Technik – und so waren sie zumindest in englischen Minen noch bis 1986 im Einsatz.
Bis heute geblieben ist der Kanarienvogel im Bergwerk als Redewendung: Sinnbildlich zum Beispiel für Menschen, die früher als andere Missstimmungen spüren; oder für deutliche Warnsignale in bestimmten Situationen. Kannste sogar an dir selbst testen: Was tust du, wenn du unter Druck bist? Was ist typisch für dich in Stresssituationen? Essen könnte so ein Ding sein, oder (bestimmte) Klamotten kaufen, die Wohnung auf- oder umräumen, Haare abschneiden, ein neues Haustier suchen, plötzlich wahnsinnig viel Sport treiben, … Dabei ist entspannt selbstständig arbeiten gar nicht so schwer. Du kannst selbst dafür sorgen.
Identifiziere deineAlarmsignale(der Kopf hält mal kurz den Schnabel)
Hör in dich rein und find’s raus: Was ist dein Canary in a Coal Mine? Woran merkst du, dass du dich mit Kund*innen, einem Projekt oder der Zusammenarbeit nicht wohl fühlst? Denn auch, wenn du keine*n gefiederte*n Kolleg*in hast: Rote Flaggen kennst du garantiert. Ignorier diese Warnungen nicht! Schau sie dir genau an und analysiere, worauf sie dich hinweisen wollen. Denn nicht immer ist „Ich mag seine*ihre Nase nicht“ oder „Das mach ich halt nicht so gern“ der wahre Grund (wahrscheinlich sogar eher selten).
Identify the Problem: Geh dem Problem auf den Grund. Meetings am Morgen, obwohl du diese Zeit lieber für kreative Arbeit nutzt? Abstimmungen am Telefon statt per E-Mail, obwohl Du nicht gern telefonierst? Achte genau auf dein Bauchgefühl. Ein „Ich kann so nicht gut arbeiten“ musst du nicht aushalten – wer hat gesagt, Gefühle gehören nicht zur Arbeit? Dafür bist du selbstständig: Du kannst dir deinen Tag und deine Arbeit so gestalten, wie es für dich passt.
Bauchgefühl
0%
Neocortex
100%
limbisches System
Das mit dem Bauchgefühl ist nicht erfunden. Das ist Biologie. Der Neocortex, äußerster Teil deines Gehirns, ist zuständig für logisches Denken. Er ist selten aktiv, und wenn, dann bewusst und gesteuert. Er arbeitet laaaaangsam und looooogisch, alles braucht Zeit. Pro und Contra analytisch abwägen? Lange Listen mit „Was wäre wenn“ erstellen? Passiert alles hier. Die richtigen Worte finden? Genau, hier.
Entscheidungen aber fallen in deinem limbischen System. Einflüsse aus der Umwelt werden hier aufgenommen, bevor sie an den Verstand weitergeleitet werden. Die Amygdala, Zentrum des limbischen Systems und vegetativen Nervensystems, ist nonstop im Einsatz. Wenn blitzschnell Entscheidungen nötig sind, huch, Auto ausweichen, hey, gute Farbe, ich mag dein Gesicht, dann geschieht das im limbischen System. Hier passiert Emotionales und Lebenswichtiges; hier ist kein Platz für Sprache, nur Gefühle. Deshalb schrillen hier die Alarmglocken, die wir als „Bauchgefühl“ bezeichnen.
Du weißt nicht so genau, wie du deine Alarmsignale identifizierst? Ich geb dir ein Beispiel. Schon ein gutes Jahr her, oder länger. Anfrage über zwei Ecken. „Ich finde meinen Text ja richtig gut, aber meine Frau meinte, ich solle einen Profi ranlassen.“ Dass ich da nicht sofort in die entgegengesetzte Richtung davongaloppiert bin, wundert mich bis heute. Bin ich aber nicht; ich habe es versucht. Wirklich. Habe eine Mailingserie entwickelt, einen in meinen erfahrenen Augen prima Text fürs Auftaktmailing geschrieben, aber. Aber aber aber. Aber hier, da, dies, das. Es war anstrengend, für beide Seiten unbefriedigend und am Schluss alles andere als gut.
Über ein Jahr später noch mal eine Anfrage, als SMS (?) und so formuliert, als hätten wir noch nie Kontakt gehabt (??). Diesmal waren die Alarmsignale überdeutlich, also habe ich abgelehnt. Weil ich mittlerweile ganz entspannt selbstständig bin. Und weißt du was? Das war eine Absage mit einem richtig guten Gefühl. Auch, wenn mir dadurch vielleicht Geld verloren gegangen ist. Ich seh’s sowieso anders: Damit hatte ich Zeit für tolle andere Projekte, mit Wertschätzung statt Warnsignalen.
Hör genau hin, bevor duFedern lässt
Deutliche Alarmglocken können ganz bestimmte Sätze sein, die dir so oder ähnlich immer wieder begegnen. Versteckte Botschaften zwischen den Zeilen, die dich aufhorchen lassen. Hast du die Antennen entsprechend eingestellt, fällt es dir immer leichter, die Signale zu empfangen.
„Ich hab mal meinen Mann, meine Frau, meinen Bruder, den Neffen des Nachbarn der Cousine dritten Grades gefragt.“
„Können wir am Preis noch was machen? In Zukunft kommen garantiert jede Menge Aufträge.“
„Wir brauchen das unbedingt zeitnah/noch vor dem Wochenende/bis übermorgen.“
„Das haben wir noch nie/schon immer so gemacht.“
„Wir schreiben das selbst, aber könntest du mal eben kurz draufschauen?“
„Nee, Budget haben wir dafür nicht, aber wir schreiben deinen Namen mit rein.“
Das sind Sätze, die bei mir ein ganzes Arsenal an Alarmsirenen losheulen lässt. Kennst du die? Hast du andere? Mach sie dir bewusst, damit du schneller auf sie reagierst.
Raus aus dem Käfig:Definiere selbst, wie du arbeiten willst
Nimm deine Warnsignale und formuliere daraus für dich, wie du entspannt selbstständig arbeiten willst. Lass dir nichts aufdrücken, und lass dir das nicht wegnehmen. Wenn du nicht klar definierst, was entspannt selbstständig arbeiten für dich heißt (hey, du bist selbstständig, du kannst, darfst, ja, musst das), übernehmen das deine Kund*innen für dich. Und zwar so, wie es ihnen am liebsten ist. Deine Bedürfnisse und roten Flaggen fallen dabei hinten runter, bis du irgendwann von der Stange fällst – vor lauter Stress und Wut im Bauch.
Installiere dein Frühwarnsystem,bevor die Luft knapp wird
Bist du erst mal an diesem Punkt mit dem Stress und der Stange, ist es fast schon zu spät. Denn jetzt noch dem*r Kund*in klarzumachen, dass du so eigentlich gar nicht entspannt selbstständig aktiv werden kannst, ist extrem hart. Zu vieles hat sich eingefahren und etabliert. Besser: Von Anfang an den Ton angeben.
Wenn du jetzt gleich deine Regeln sammelst und formulierst, hast du ab morgen ein Supertool für alle neuen Kund*innen. Und wenn du freundlich und klar kommunizierst, sogar für die bestehenden. „Hey, Kund*in, lass uns doch mal schauen, wie wir noch besser und effektiver zusammenarbeiten können“: Da wird dir jede*r gern lauschen. Mach aus deinen Alarmsignalen eine Bedienungsanleitung für dich selbst: Wie andere am besten mit dir arbeiten können.
How to work with me
Endlich entspannt selbstständig mit einer Bedienungsanleitung für dich selbst – so geht's
Die Idee kommt nicht von mir selbst; zum ersten Mal hat das Ivar Kroghrud aufgebracht. Ich habe in einem Podcast davon gehört, später auch noch mal bei Abby Falik und Förster & Kreuz davon gelesen. Das Konzept finde ich so gut, dass ich es für dich (und mich selbst) leicht angepasst und in 6 Kategorien aufgeteilt habe.
Deine Bedienungsanleitung –so funktioniert’s:
Beantworte die 6 Punkte dieser Kategorien (natürlich kannst du kürzen oder eine hinzufügen, wie es für dich passt):
- Das ist typisch für mich
- Das ist mir wichtig
- Dafür habe ich keine Geduld
- So kommunizierst du am besten mit mir
- So kannst du mir helfen
- Wo ich oft missverstanden werde
Formuliere klar und eindeutig, nicht um den heißen Brei herum.
Fasse deine Bedienungsanleitung auf einer kompakten Seite zusammen. (Kein Buch, das mag niemand lesen. Think IKEA, not Waschmaschine.)
Wie die Antworten aussehen könnten? Zum Beispiel: keine Meetings vor 15 Uhr, Telefonate vorab vereinbaren, lieber selbst Termine vorschlagen als vorgegeben bekommen, bitte kurze Rückmeldung nach Übermittlung – damit ich weiß, dass nichts verloren gegangen ist, …
Schreib deine Anleitung und gib sie raus: direkt beim ersten Kontakt möglicher neuer Kund*innen, zu Beginn einer Zusammenarbeit oder wenn du merkst, dass es in einer langen Kund*innenbeziehung in eine Richtung geht, die dir nicht gut tut. Warte nicht zu lang! Sag klar, was du brauchst, um entspannt selbstständig zu agieren – bitte bevor die Luft knapp wird und der Fluchtreflex einsetzt.
So installierst du dein zuverlässiges Frühwarnsystem. Du ziehst klare Grenzen in Sachen Arbeitszeit und Verfügbarkeit, und du gibst dir selbst einen Rahmen, an dem du dich festhalten und in dem du entspannt selbstständig arbeiten und entscheiden kannst.
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✊🏻 Hi, ich bin Sandra, Outrovert und moderne Druidin, Personal Branding Rebel und Content Writing Pro. In der Kommunikation zu Hause seit 1997. Ich zeige Menschen mit Ecken und Kanten, dass unangepasst sein ihre Superkraft ist: für geiles Personal Branding. Und ich schreibe Arsch-auf-Eimer-Content für ordentlich BÄM bei denen, die du ansprechen willst.
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