Sei bitte nett zu diesem Beitrag. Lies ihn leise und schenk ihm deine Aufmerksamkeit. Hör ihm zu, statt ihm sofort zu antworten. Setz dich zu ihm, trink ein Glas Wasser oder eine Tasse Tee, einen Kaffee oder eben dein Lieblingsgetränk mit ihm.

Und lass dich auf ihn ein, auf diesen Text. Er kommt nicht laut daher, er ist zurückhaltend, sensibel, scheu und schüchtern. Denn er hat einiges mitgemacht, man hat ihm ordentlich zugesetzt. Etwas zerzaust hat er sich heute ein Herz gefasst und stellt sich selbst in die große weite virtuelle Welt. Hier ist er.

Warum mögen mich Menschen nicht?(Mein wohl persönlichster Blogbeitrag, bisher)

In der Schule lernen wir Deutsch und vielleicht, in der fortgeschritteneren Phase, sogar Philosophie oder Literatur (ein geliebtes Wahlfach von mir, damals, in der Zwölften). Wir versuchen, Kurven zu diskutieren (wie diskutiert man bitte Kurven? Hat sich mir nie erschlossen), E-Funktionen zum Funktionieren zu bringen, we learn to speak Englisch ou le Français, aber was wir nicht lernen: wie wir damit umgehen, wenn wir Ecken und Kanten haben.

Wir lernen auch nicht, für Kreativität zu kämpfen und sie zu beschützen, wir lernen keine Empathie und wie man sich wappnet für dieses Leben.

Nun, diskutieren will ich weder Kurven noch Lehrpläne oder Zuständigkeiten von Lehrkräften und Eltern; ich will viel mehr erzählen, von mir und wie ich einst war und warum ich das heute immer noch bin, und das gern.

Die Klassenstufe weiß ich nicht mehr, auch das Fach nicht. Möglich, dass es Deutsch war, vielleicht aber auch Politik oder Gemeinschaftskunde oder wie es eben früher hieß. Die Frage lautete, welche von zehn an der Tafel stehenden Charaktereigenschaften wir der Hauptfigur zuordnen würden. Die Aufgabe: an die Tafel gehen, mit Kreide, ganz oldschool, einen Strich bei der unserer Meinung nach passenden Eigenschaft ziehen, zurückgehen, wieder setzen. Eine nicht sehr laute, aber dynamische Aufgabe, durch all die laufenden, strichelnden Schüler*innen. Sandra, Alter vergessen, hielt es wie so oft: Hmm, irgendwie passen alle, und ich finde, das lässt sich durchaus auch begründen und argumentieren, also strichelte ich alle.

Kollektives Augenrollen und Aufstöhnen der Klasse. Ob inklusive Lehrer? Habe ich nicht mitbekommen. Möglich. Vermutlich. Es war keine Fangfrage, keine zweite Ebene, es war tatsächlich EIN Charakterzug gefragt.

Du und deine Ecken und Kanten:mögen wir nicht

Diese Geschichte ist nur eins von zahlreichen Beispielen, in denen ich es anders sah, verstand und interpretierte als andere. Als die meisten, genauer gesagt. Und du weißt es sicher, in der Schule sind nicht die einzelnen gefragt, sondern die meisten. Das machte es mir schwer. In der Klasse, in der ganzen Stufe, nein, ich war alles andere als beliebt. „Die Menschen mögen mich nicht“, das habe ich auf die harte Tour gelernt.

Ein herzensehrlicher Klassenkamerad, heute glaube ich studierter Biologe, was mich freut, weil es sehr zu ihm passt, jedenfalls: Nennen wir ihn S., und S. brachte es dann übers Herz, mir schonungslos ins Gesicht zu sagen, naja, mich möge halt niemand, weil ich ja doch so oft so seltsam war, so anders. So viele Ecken und Kanten habe.

Au. Tat weh, kannste mir glauben. Machte die Schuljahre nicht besonders leicht, die Noten nicht besonders gut, aber es reichte zum Abi. Und es reichte, mich abzuhärten. Äußerlich. Denn was ich mir bewahrt habe, ist das Absonderliche, das Andersdenkende. Welche Bedeutung meine Ecken und Kanten für mich später haben werden, wusste ich damals noch nicht.

Aber ich habe all das umarmt, nie losgelassen, ihm tief in mir einen Platz eingerichtet, einen gemütlichen Ohrensessel mit Kuscheldecke. Ich habe meinen Ecken und Kanten Tee gebracht und einen Schal umgewickelt.

Mein wertvollstes Gut:anders zu sein

Irgendwann, über die Jahre, habe ich mich getraut, sie wieder hinauszuschicken, diese meine Charaktereigenschaft, die mir meine Schulzeit (Kinder können grausam sein) so hart gemacht hat. Und weißte was? Das war gut so. Denn seit fast 30 Jahren darf ich sie benutzen, soll sie benutzen und werde sogar dafür bezahlt.

Kreativität hieß dieses Anderssein plötzlich, und war etwas Gutes. Einzigartige Ideen zu finden, wirklich gute, nämlich die, die anders sind als alles andere, ist heute eine überaus geschätzte Eigenschaft. Nicht nur in der Werbung, in der ich einst meine berufliche Laufbahn begann, für kreative Texte und Konzepte, sondern generell. Erst recht im Personal Branding, wo es so sehr darum geht, dich von anderen abzugrenzen.

Denn das ist, was du von mir lernen kannst: Bewahre dir dein Anderssein. Bleib unangepasst, unbequem, unkonventionell. Lass dich bitte nicht reinpressen in Schubladen, in die du nicht gehörst. Mach es anders als andere! Dein Instagram-Kanal muss nicht rosa-gelb sein, du brauchst auf deiner Website keine Schreibschrift, und erst recht brauchst du kein großes Team, keinen 7-figure Umsatz und keine Workation auf Bali, wenn du das nicht willst, wenn du das nicht bist.

Sei du selbstund bleib unangepasst

Pass auf sie auf, auf deine Ecken und Kanten. Ihre Bedeutung lässt sich mit Geld nicht bezahlen, und sie lassen sich weder lernen noch nachmachen. Menschen mögen dich nicht? Dann sind sie nicht deine Leute. Deine Leute gibt es da draußen nämlich, so, wie es meine Leute gibt, die mich heute richtig gut finden.

Ein Lächeln kann, will und werde ich mir nicht verkneifen, wenn ich von unzufriedenen einstigen Kamerad*innen höre, die ihr Studium abbrachen oder Jobs kündigten, die nicht wussten wohin mit sich und ihren hervorragenden Abschlüssen. (Nicht beim Biologiedoktor! Den mochte ich immer.)

Gelächelt habe ich viel, seit damals. Nicht gehässig, nein, wer wäre ich denn. Eher schulterzuckend. Zufrieden. Und ein bisschen stolz, dass ich es geschafft habe, sie mir zu bewahren, meine Unangepasstheit. Die macht, dass mir Storytelling leicht fällt. Sie ist mein wertvollstes Gut als Personal Brand, und immer noch wickle ich ihr, wenn es kühler wird, den Schal um. Ich brauche sie noch.

Ein Seufzen zwischen den Zeilen, hörst du’s?

Was diese Geschichte erzählt: Etwas darüber, wie wir mit Besonderen und Besonderem umgehen sollten. Zwischen den Zeilen hast du’s gespürt, nicht wahr? Du hast mein kleines Seufzen gehört, vor Erleichterung, aber auch ein bisschen traurig, dass es so sein musste, wie es war. Das Leben ist eben nicht immer einfach zu ertragen. Es kommt darauf an, wie wir mit dem umgehen, was es uns lehrt.

Mich: etwas über Kreativität, über Ideen und den Kopf, in dem sie entstehen, über etwas, das weh tut und über Mut. Etwas über Wärme und Geborgenheit, Stärke und darüber, wie wichtig es ist, sich das eigene Innerste zu bewahren.

Dich hoffentlich: zu sein, wer du bist. Unangepasst. Rebellisch. Komm, lass uns voller Überzeugung und Liebe unsere Ecken und Kanten haben.

Zu lang? In kurz:

Manche sind und bleiben unangepasst. Du zum Beispiel. Ich auch. Das habe ich mir bewahrt, habe es früher vor anderen versteckt und es beizeiten wieder hervorgeholt. Heute bin ich froh darüber und lege dir ans Herz: Sei, wer und wie du bist, mit deinen Ecken und Kanten. Wenn du übrigens wissen willst, warum ich Rebel at heart bin (und rausfinden willst, ob du auch 100 % Rebel bist), kannst du das hier rausfinden.

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